Bei den Wahlen ins Wiler Stadtparlament vom 22. September mussten die Grünen Prowil untendurch. Einen Erfolg gibt es nun doch: Niemand bekam mehr Stimmen von Wählenden anderer Parteien als Mike Sarbach. Das bringt ihn auch bezüglich Stadtrat ins Grübeln.
Der Hattrick ist perfekt. Nach 2016 und 2020 heisst der Wiler Panaschierkönig auch bei den Stadtparlamentswahlen 2024 Michael Sarbach. Die Wählerinnen und Wähler schrieben den Namen des 43-Jährigen von den Grünen Prowil 1343 Mal auf Listen anderer Parteien oder auf Wahlzettel ohne Parteibezeichnung. Bei total 1886 Stimmen kommt Sarbach so auf einen Fremdstimmenanteil von 71,2 Prozent, wie Berechnungen dieser Zeitung zeigen.
Damit liegt er absolut wie auch prozentual gesehen an der Spitze aller 189 Personen, die für die 40 Stadtparlamentssitze kandidiert hatten. Hinter ihm vervollständigen Manuel Nick (SP) mit 1156 und Reto Gehrig (Mitte) mit 1087 Fremdstimmen das Panaschier-Podest. Gehrig schnappte sich mit total 2896 Stimmen dafür den Titel des bestgewählten Stadtparlamentariers.
Sarbach holte auch viele bürgerliche Stimmen
Hält man es für die grössere Leistung, einen prozentual möglichst hohen Anteil der Stimmen durch Panaschieren zu erhalten, so belegen hinter Sarbach die Jungfreisinnige Salome Zeintl mit 66,5 Prozent ihrer 970 Stimmen und Harald Huber (GLP) mit 66,3 Prozent seiner 1257 Stimmen die Ränge zwei und drei (siehe Grafik).


«Der Titel des Panaschierkönigs freut mich sehr», sagt Sarbach auf Anfrage. Ganz überraschend kam der Erfolg freilich nicht, belegte der Grüne doch schon im März bei den St.Galler Kantonsratswahlen im Wahlkreis Wil den beachtlichen dritten Panaschier-Rang. Dort standen ihm bloss Seriensieger Bruno Cozzio (Mitte) und der abtretende SP-Stadtrat Dario Sulzer vor der Sonne. Beide kandidierten nicht für das Stadtparlament.
Dass dieser letztlich rein statistische Wert Sarbach wichtig ist, zeigt auch, dass er nach den Wahlen vom 22. September rasch selbst ausrechnete, ob es auch 2024 wieder gereicht hat: «Daran sehe ich, dass mein Engagement für die Stadt Wil weit über die Parteigrenzen hinaus wertgeschätzt wird. Ich verstehe das auch als Auftrag, genau so weiterzumachen.» Mit besonderer Freude weist Sarbach darauf hin, dass sein Name immerhin 52 Mal auf einer SVP- und 78 Mal auf einer FDP-Liste notiert wurde. Dazu noch 284 Mal bei der Mitte, 272 Mal bei der SP und 109 Mal bei der GLP.
Ein Hansdampf in allen Gassen
«Ich bin eben kein typischer Linksgrüner, bin näher bei der politischen Mitte als Linksaussen.» So setze er sich beispielsweise stark für die Gastronomie und KMU ein. Sarbachs 20 Jahre im Stadtparlament allein genügen nicht für eine Erklärung, wurde doch sein Parteikollege Guido Wick nach 30 Jahren abgewählt. Viel mehr ist Mike Sarbach in Wil ein Hansdampf in allen Gassen. Er arbeitet als Musiklehrer am Kathi und als Betriebsleiter des Gare de Lion und engagiert sich in diversen Vereinen, wie Kulturzentrum Wil, Thurkultur oder Soundsofa Wil.
Dass er Stimmen bis weit ins bürgerliche Lager holt, dürfte auch mit seinem Engagement für die Wiler Fastnacht zusammenhängen. Seit zehn Jahren gibt Sarbach den Herold der Fastnachtgesellschaft (FGW): «In der FGW kommen die unterschiedlichsten Leute zusammen und das Parteibüchlein spielt keine Rolle.»
Als Panaschierkönig bessere Chancen im Stadtrat?
Die 1343 Fremdstimmen lassen bei Sarbach noch einen anderen Gedanken reifen: «Panaschierkönig zu sein, würde auch bei Stadtratswahlen sicher nicht schaden.» Dass er sich dieses Jahr aus persönlichen Gründen nicht für eine Kandidatur für die Wiler Exekutive zur Verfügung gestellt habe, bedeute nicht, dass ihn das Amt nicht reize. Und dann wird Sarbach ziemlich konkret: «Mein Wahlresultat lasse ich sicher einfliessen in künftige Überlegungen. Es motiviert mich. Nach 20 Jahren im Stadtparlament interessiert mich durchaus, wie es auf der anderen Seite aussieht.»

Auch dass Sarbachs Parteikollege Sebastian Koller als Stadtratskandidat deutlich scheiterte und sich für den zweiten Wahlgang vom 24. November aus dem Rennen nehmen musste, gibt ihm zu denken. Zum Vergleich: Koller holte mit 653 nicht einmal halb so viele Panaschierstimmen wie Sarbach. Er landete bei seiner Wiederwahl ins Parlament auf der Liste der Grünen Prowil trotz Stadtratswahlkampf nur auf dem vierten Platz.
Ganz anders Stadtratsmitbewerber Manuel Nick, der innerhalb der SP mit Abstand am meisten Fremdstimmen holte und auch den ersten Listenplatz belegte. «Ja, Sebastian hat relativ wenig Fremdstimmen geholt. Über das Warum kann und möchte ich aber nicht urteilen», so Sarbach.
Dass die Grünen Koller für den zweiten Wahlgang in einer Nacht-und-Nebel-Aktion noch durch Sarbach hätten ersetzen können, sei keine Option gewesen. Dies schon alleine wegen der kurzen Meldefrist, die fünf Tage nach dem ersten Wahlgang ablief. «Schnellschüsse kommen selten gut. Zudem ist es jetzt wichtig, den einzigen links-grünen Sitz im Stadtrat mit Manuel Nick zu verteidigen», sagt Sarbach. Das lässt den Schluss zu: Der Wiler Panaschierkönig schielt auf 2028.
Quelle: St.Galler Tagblatt, Michael Nittnaus, 15.10.2024