St.Gallen lässt sich nicht lumpen: 1,5 Millionen Franken kostet der Gastauftritt von Kanton und Gemeinden an der diesjährigen Olma – finanziert mit Lotteriefondsgeldern. Nun möchte die Regierung zum zweiten Mal in den Topf greifen und wird harsch kritisiert.
«Vielschichtige Kultur im ganzen Kantonsgebiet»: So ist die Medienmitteilung zu den Lotteriefondsbeiträgen überschrieben. Ein Titel, der alles und alle einschliesst, der nicht aneckt, nicht provoziert. Aber auch einer, der verwedelt. Denn die aktuelle Lotteriefondsbotschaft enthält Sprengstoff.
Ein Jahr ist es her. Auch damals ging es um Lotteriefondsbeiträge. Die Debatte im Kantonsparlament war emotional. Wegen eines Themas: dem Gastauftritt von Kanton und Gemeinden an der diesjährigen Olma – und dessen Finanzierung.
Die Debatte dürfte in der Sommersession ein Revival erleben. Wieder geht es um den Gastauftritt. Wieder um dessen Finanzierung. Und wieder sollen dafür Gelder aus dem Lotteriefonds verwendet werden. Eine Million Franken waren es vor einem Jahr. 400’000 Franken sind es jetzt – inklusive neuem Ärger im Parlament.
Schwager: «Ist ja nicht zu fassen»
Der Stadtsanktgaller Thomas Schwager ist einer der schärfsten Kritiker der Olma. Ob Geld zur Sanierung der Olma, ob Geld für den Gastauftritt an der Olma: Der Kantonsrat der Grünen hinterfragt die Vorhaben und misstraut den Geldflüssen. «Ist ja nicht zu fassen», ist denn auch seine erste Reaktion auf das Ansinnen der Regierung, für den Gastauftritt nochmals nach Lotteriefondsgeldern zu greifen.
Nachdem er die Nachricht etwas hat sacken lassen, sagt Schwager: «Resignation und Enttäuschung trifft es wohl am besten: Die Regierung und insbesondere die Mehrheit des Kantonsrats bestimmt, was bei der Verwendung der Lotteriefondsgelder als ‹gemeinnützig› gilt.» Das möge demokratisch legitimiert sein, er empfinde es trotzdem als stossend. «Passt das zum Selbstverständnis eines starken Kantons, sich für die Präsentation der eigenen Vorzüge wiederholt aus dem Geldtopf des Lotteriefonds zu bedienen?», fragt er eher rhetorisch und fährt fort: «Für die Selbstvermarktung haben wir im Amt für Wirtschaft und Arbeit in Form der Standortförderung eine ganze Abteilung.»
Bereits vor einem Jahr hatte Schwager «die Nonchalance» kritisiert, mit welcher sich die Regierung über die Richtlinien des Lotteriefonds hinwegsetze. Die Regierung belehrte ihn: Ähnliche Auftritte des Kantons – etwa jener am Sechseläuten in Zürich oder an der Luga in Luzern – seien auch aus dem Lotteriefonds finanziert worden. Anfang Juni, wenn das Kantonsparlament über die neuen Lotteriefondsbeiträge entscheidet, hat die Regierung keine spitzen Pfeile mehr von Schwager zu befürchten: Er verabschiedet sich auf Ende Legislatur aus dem Parlament.
Sarbach: «Für die Olma hat man immer Geld»
Doch auch ohne Schwager: Ein Spaziergang wird es für die Regierung nicht. Auch andere Parlamentsmitglieder tun sich schwer mit dem Ansinnen. So sagt Michael Sarbach: «Es stört mich, dass einmal mehr Gelder aus dem Lotteriefonds zweckentfremdet werden.» Der Wiler Grüne ist ein bekennender Olma-Fan. Trotz Vorfreude auf die Messe und den Gastauftritt sagt er: «Für die Olma hat man immer Geld, während man in der Kultur fortwährend zu hören bekommt, dass die Mittel knapp sind.»
Auf die Frage, wie der Gastauftritt finanziert werden sollte, antwortet Sarbach: «Ein Projekt dieser Grössenordnung müsste sauber vorbereitet, entsprechend budgetiert und der Rechnung belastet werden.» Auch eine ganze oder teilweise Finanzierung über die Standortförderung ergäbe Sinn. Grundsätzlich könnte auch diskutiert werden, «jenes Teilbudget, welches explizit in kulturelle Darbietungen fliesst, dem Lotteriefonds zu belasten». Wobei für den Kanton dieselben Anforderungen gelten müssten wie für alle anderen Gesuchsteller.
Schmid: «Das war für die SVP die Obergrenze»
Hart ins Gericht mit der Regierung geht SVP-Fraktionspräsident Sascha Schmid: «Die Regierung benimmt sich mit der Beantragung weiterer Mittel aus dem Lotteriefonds wie in einem Selbstbedienungsladen.» Wenn die ursprüngliche Planung «dermassen daneben liegt, muss die Qualität des Vorhabens definitiv hinterfragt werden, es droht sonst zu einem Fass ohne Boden zu werden».
Der Nutzen aus dem Gastauftritt rechtfertige «keine weiteren Ausgaben durch den Kanton». Das Parlament habe vor einem Jahr schon eine Million gesprochen. «Das war für die SVP die Obergrenze», sagt Schmid klipp und klar. Die Regierung müsse nun vielmehr ihrem Versprechen nachkommen und weitere Drittmittel anwerben, bei Gemeinden, Sponsoren, Unternehmen, Stiftungen, so wie sie es in Aussicht gestellt hatte.
1,5 Millionen Franken
Das St.Galler Heimspiel war ursprünglich nicht geplant. Eigentlich sollte das Tessin Gastkanton der diesjährigen Olma sein. Doch dann zog der Südkanton Anfang 2023 seine Zusage zurück – aus finanziellen Gründen. Tatsache ist: Der Olma-Gastauftritt geht ins Geld. Frühere Kantone nahmen dafür zwischen 1 und 1,7 Millionen Franken in die Hand. Wie teuer kommt der St.Galler Auftritt zu stehen? Weshalb benötigt der Kanton nach der Million nun weitere 400’000 Franken?
«Das Gesamtbudget für den Gastauftritt des Kantons und der Gemeinden beträgt 1,55 Millionen Franken», erklärt Regierungsrätin Laura Bucher auf Anfrage. Davon entfallen 1,4 Millionen Franken auf den Kanton, 150’000 Franken auf die Gemeinden. Zusätzlich würden Sponsoring-Mittel aus der Wirtschaft gesucht. «Kanton und Gemeinden sind sich einig, dass das Heimspiel an der Olma besondere Chancen, aber auch Erwartungen weckt», sagt die Regierungsrätin. Die Mittel würden für die Sonderschau, den Umzug, die Tierschau, die Eröffnung, die Kulinarik vor Ort und die Konzeptions- und Kommunikationsarbeit verwendet.
Vor einem Jahr hatte Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner den Kritikern ins Gewissen geredet: «Wenn wir es nicht schaffen, einen Gastauftritt an der Olma vorzulegen, wie soll es dann möglich sein, andere Kantone dafür zu überzeugen?» Zwei müssen nicht mehr überzeugt werden: 2025 ist der Kanton Wallis Gastkanton, 2026 Schwyz.
Quelle: Tagblatt.ch, Regula Weik, 7.5.2024 / Bild: Ralph Ribi (Oktober 2023)