Früher mussten Wiler Vereine keine Raummieten zahlen, wenn sie Anlässe im Hof abhielten. Mit der Wiedereröffnung des Restaurants hat sich dies geändert. Manch ein Verein kehrt dem Hof deshalb den Rücken.
Es war ein holpriger Start für das Restaurant im Hof zu Wil. Die erste Zeit nach der Wiedereröffnung im Provisorium vergangenen Oktober verlief für das neue Pächterpaar Marcel und Angelina Kampe sehr harzig. Seit im Dezember auch das Restaurant im Erdgeschoss wieder öffnete und das Baugerüst an der Front des Hofs verschwand, läuft es langsam besser. Doch die Grossbaustelle der Hofsanierung, die erst im Juli 2026 ein Ende findet, dominiert weiter.
Neben den normalen Gästen, die abends einen Tisch reservieren oder mittags für den Businesslunch vorbeikommen, ist das Hof-Restaurant auch traditionell Gastgeber für allerlei Anlässe von Wiler Vereinen. Dafür stehen neben dem Restaurant im EG mehrere historische Säle zur Verfügung wie der Gewölbekeller, die Äbtestube, der Fürstensaal oder der Ulrich-Rösch-Saal.
27 von 40 Parlamentsmitglieder haben unterschrieben
Doch mehrere Vereine, die sonst traditionell einen Saal im Hof für ihre Veranstaltung nutzten, wichen zuletzt auf andere Orte wie die Tonhalle aus. Dies berichten die drei stark im Wiler Vereinsleben vernetzten Stadtparlamentarier Dominik Egli, Robin Krähenbühl (beide SVP) und Michael Sarbach (Grüne Prowil).
In einer aktuellen Interpellation machen sie auf das Problem aufmerksam und liefern die Erklärung direkt mit: «Für die Nutzung der Räume werden neu Raumnutzungspauschalen verlangt. Dies war in der Vergangenheit nicht der Fall, zumal Getränke und Speisen sowieso von der Hof-Gastronomie bezogen werden müssen. Diese zusätzlichen Kosten stellen für viele Vereine eine finanzielle Belastung dar.»
Die Interpellanten fordern vom Stadtrat deshalb eine Lösung, damit lokale Vereine die Veranstaltungsräume wieder gratis nutzen können. Dass der Vorstoss von insgesamt 27 der 40 Parlamentsmitglieder aus allen Fraktionen unterschrieben wurde, zeigt: Aus Sicht der Politik muss sich etwas ändern.
Die Sicht der Stiftung Hof zu Wil ist eine andere. Stadtpräsident Hans Mäder gibt in seiner Funktion als Stiftungsratspräsident Auskunft. Er verweist auf eine Vereinbarung zwischen der Stiftung und der Stadt von 2021. Darin steht, dass Wiler Vereine die «Sitzungszimmer» des Hofs für vereinsinterne Versammlungen gratis nutzen dürfen. Diese befinden sich im ersten Stock und werden derzeit noch erneuert.
Jeder Saal muss aufwendig hergerichtet werden
«Die Nutzung der Veranstaltungsräume ist in der Vereinbarung nicht geregelt. Diese Räume haben wir zur freien Bewirtschaftung an den Pächter übergeben», sagt Mäder. Und er hält fest: «Der Pächter muss gewisse Freiheiten haben, wie er das Restaurant betreibt. Schliesslich muss er am Ende die Miete zahlen können.» Diese sei eine Umsatzmiete, bei der aber ein Mindestmietzins festgelegt sei.
Und anders als früher müsse auch die Stiftung mit der Pachtvergabe Geld verdienen, um die hohen Investitionen in den Hof abzahlen zu können. Daher könne man es nicht vergleichen mit dem Restaurant unter den Vorgängern der Kampes, Thomas und Nadine Buff, das im Sommer 2022 schloss.
Besuch bei Marcel und Angelina Kampe im Hof. Etwas wird an diesem Dienstag sofort klar: Die Kritik der Politik respektive der Vereine beschäftigt das Wirtepaar sichtlich. «Wir haben Verständnis für die Sorgen der Vereine», sagt Marcel Kampe. Und seine Frau fügt an: «Unsere Türen stehen für alle komplett offen. Wir arbeiten voller Herzblut und würden uns freuen, wieder mehr Vereine bei uns begrüssen zu dürfen.» Doch Angelina Kampe sagt auch: «Man muss sich irgendwo in der Mitte treffen können. Wir sind angewiesen auf die Raumnutzungspauschalen, um unsere Kosten decken zu können.»
Vielleicht sei der Begriff Raumnutzungspauschale oder Raummiete auch schlecht gewählt. Letztlich sei es eine Aufwandsentschädigung. Denn, so Angelina Kampe: «Wir reden hier nicht von fertigen Seminarräumen, die wir einfach übergeben, sondern von Bankettsälen, die jeweils für die entsprechende Gesellschaft hergerichtet werden müssen.» Jüngstes Beispiel war die Fastnachtsgesellschaft Wil (FGW), die den Gewölbekeller mietete. Die Pauschale betrug 520 Franken für eine Gesellschaft von 160 Personen.
«Wir benötigten zehn Arbeitsstunden nur für den Aufbau und die Dekoration», so Marcel Kampe. Dazu bräuchte es eigens für den Anlass angestelltes Personal, da das normale Restaurant parallel weiterlaufe. Marcel Kampe selbst sei von acht Uhr morgens bis ein Uhr nachts im Einsatz gestanden. Die Pauschale wäre weggefallen, wenn die FGW ein Drei-Gang-Menü bestellt hätte, was sie aber nicht tat. «Von der Konsumation her konnten wir unsere Kosten unmöglich decken», sagt Kampe.
Übernimmt die Stadt wie bei der Tonhalle die Kosten?
Was die Kampes auch betonen: Diverse Gesellschaften, Vereine und Klubs hätten absolut Verständnis für die Pauschale. Diese schwanken für Halbtagesbelegungen je nach Saalgrösse zwischen 280 und 520 Franken. Ausserdem finde man im direkten Dialog meistens eine Lösung, die für alle stimme. Ist der Aufwand für die Kampes geringer, sinken auch die Kosten für die Gesellschaft. «Man muss einfach mit uns reden», sagt Angelina Kampe.
Auf Anfrage möchten die Interpellanten etwas betonen: «Wir verstehen, dass es für die Pächter finanziell stimmen muss. Unsere Forderung zielt nicht auf Marcel und Angelina Kampe», sagt Dominik Egli. Viel mehr sei es die Stiftung Hof zu Wil, die mehr Gespür für die Anliegen der Vereine haben sollte. So habe Egli die Vereinbarung, die von Sitzungszimmern spricht, breiter ausgelegt verstanden: «Kleine Säle können auch Sitzungszimmer sein.»
Michael Sarbach bringt eine andere Lösung ins Spiel: «Die Tonhalle bekommt von der Stadt über eine Betriebsvereinbarung eine Vergütung, sodass lokale Vereine weniger zahlen müssen.» Hans Mäder betont zwar, dass Tonhalle und Hof nicht direkt vergleichbar seien, sagt aber auch: «Wenn der politische Wille für so eine Lösung da ist, verschliesst sich die Stiftung nicht.» Würde die Stadt die ungedeckten Kosten eines Vereinsanlasses im Hof übernehmen, könnten freilich auch die Kampes damit leben. Anders sieht dies Egli: «Die Stadt hat schon so viele Millionen in den Hof investiert. Die Lösung muss zwischen Stiftung und Pächter gefunden werden.»
Zur Interpellation: https://www.stadtwil.ch/politbusiness/2375836
Quelle: Wiler Zeitung, 5.3.2025, Michael Nittnaus